Risiko für Brustkrebs erkennen, bevor er entsteht – mit einem einfachen Abstrich?
Drei neue Studien, ein klares Ziel: Die Früherkennung und Prävention von Brustkrebs neu denken – individuell, präzise und nicht-invasiv.
Die Forschung rund um das Team von Prof. Martin Widschwendter zeigt, wie epigenetische Marker in einem einfachen Mundabstrich Hinweise auf das individuelle Risiko liefern können – lange bevor Symptome auftreten.
Von der Theorie zur Anwendung: Ein neuer Test für die Praxis
Im Zentrum steht der sogenannte WID-BC-Score, entwickelt auf Basis von über 1.100 epigenetischen Profilen aus Wangenschleimhaut-, Zervix- und Blutproben.
Die Ergebnisse, veröffentlicht in Nature Communications, sind vielversprechend: Wangenschleimhautproben liefern klare epigenetische Signale, die mit dem Brustkrebsrisiko korrelieren – messbar durch einen einfachen, schmerzfreien Abstrich.
Doch der Test ist nur der erste Schritt einer größeren Vision.
1. Risiko erkennen: Der Abstrich als molekulares Frühwarnsystem
Das erste Paper zeigt: Epigenetische Marker im Mundabstrich spiegeln die Biologie des Brustgewebes erstaunlich präzise wider. Nicht das Tumormaterial selbst wird erfasst – sondern biologische Signaturen, die über Jahre und Jahrzehnte entstehen.
Epigenetik als Speicher unserer Lebensgeschichte.
Ernährung, hormonelle Einflüsse, Stress – all das hinterlässt molekulare Spuren, die sich im Abstrich nachweisen lassen.
Diese Erkenntnis basiert auf der Systemic Lifetime Effect Hypothesis, anschaulich visualisiert im Beitragsbild (siehe oben) durch Co-Autorin Bente Theeuwes.
2. Zusammenhänge verstehen: Altern und Risikogewebe
Die zweite Studie, erschienen in Communications Medicine, zeigt: Nicht alle Gewebe altern gleich – und genau diese Unterschiede könnten erklären, warum bestimmte Organe anfälliger für Krebs sind.
Besonders spannend: Die epigenetischen Alterungsprozesse in der Wangenschleimhaut ähneln denen im Brustgewebe – ein weiterer Beleg, dass der Abstrich mehr ist als nur eine praktische Probe.
Er ist ein funktionaler Spiegel biologischer Prozesse im Zielorgan.
3. Prävention messbar machen: Interventionen sichtbar machen
Die dritte Publikation geht einen Schritt weiter – und zeigt das Potenzial der Methode für die personalisierte Prävention. In einer präklinischen Studie mit Mifepriston, einem selektiven Progesteronrezeptor-Antagonisten, konnte demonstriert werden:
- Die Substanz senkt das Brustkrebsrisiko signifikant.
- Ihre Wirkung ist über epigenetische Marker im Abstrich messbar.
Was bislang unsichtbar blieb – nämlich der Erfolg präventiver Maßnahmen – wird durch Epigenetik erstmals objektiv überprüfbar.
Vision: Präzisionsprävention für jede Frau
Die drei Studien zeigen gemeinsam ein neues Bild von Früherkennung:
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Nicht-invasiv: Ein einfacher Abstrich genügt.
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Systemisch: Die Marker integrieren biologische Prozesse über Jahre hinweg.
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Individualisierbar: Jede Frau kann ihr eigenes Risikoprofil kennen – und gezielt handeln.
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Überwachbar: Präventionsmaßnahmen werden endlich messbar.
Was bislang unsichtbar blieb – nämlich der Erfolg präventiver Maßnahmen – wird durch Epigenetik erstmals objektiv überprüfbar.
Die drei Originalpublikationen finden Sie hier:
- Systems epigenetic approach towards non-invasive breast cancer detection (Nature Communications)
- Functionally enriched epigenetic clocks reveal tissue-specific discordant aging patterns in individuals with cancer (Communications Medicine)
- Epigenetic signatures in surrogate tissues are able to assess cancer risk and indicate the efficacy of preventive measures (Communications Medicine)
